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Montgomery: Kooperation und Delegation gegen Versorgungsdefizite

Facharztstandard muss Patientenrecht bleiben


Berlin, 06.10.2011

Zu den derzeitigen Plänen im Versorgungsstrukturgesetz, beispielhaft die Tätigkeiten festzulegen, in denen Angehörige medizinischer Assistenzberufe ärztliche Leistungen erbringen können, erklärt der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery:

„In Zeiten des Ärztemangels und des steigenden Versorgungsbedarfs der Bevölkerung ist die Kooperation von Ärzten mit nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen wichtiger denn je. Die Delegation bestimmter Leistungen von Ärzten an medizinische Assistenzberufe kann angesichts begrenzter Ressourcen helfen, eine gute wohnortnahe medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten. Das Patientenrecht auf eine Behandlung nach Facharztstandard muss allerdings bei allen Konzepten gewährleistet bleiben. Die Substitution ärztlicher Tätigkeit und die Lockerung des Arztvorbehaltes für Diagnostik und Therapie lehnen wir im Interesse von Patientensicherheit, Versorgungsqualität und Rechtssicherheit strikt ab.

Unter Voraussetzung der entsprechenden Qualifikation ist es sinnvoll, arztentlastende und unterstützende Delegationsmöglichkeiten zu schaffen und die interprofessionelle Kooperation auf Basis vorhandener Kompetenzen zu fördern. Im ambulanten Bereich wurden die Delegationsmöglichkeiten mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz bereits ausgebaut. In vielen Regionen haben sich mittlerweile arztentlastende Projekte, wie AGnES, VERAH oder EVA etabliert. Die Medizinischen Fachangestellten und Pflegekräfte agieren dabei nicht eigenständig, sondern sie sind in ärztlichen Praxen oder Gesundheitseinrichtungen angesiedelt und erbringen ärztlich angeordnete Hilfeleistungen. Die Verantwortung und letztlich auch die haftungsrechtlichen Risiken hierfür trägt der Arzt.

Eine exemplarische oder gar abschließende Auflistung delegierbarer ärztlicher Leistungen sehen wir deshalb kritisch. Eine solche Liste engt Spielräume für eigenverantwortliche Entscheidungen der Ärzte ein, weil die Delegation einer Leistung, die nicht auf der Liste vermerkt ist, kriminalisiert würde. Angesichts der Vielzahl delegationsfähiger Leistungen und der Vielzahl unterschiedlicher Qualifikationen entzieht sich dieses Thema auch weitgehend einer verbindlichen Regulierung. Letztlich müsste eine Delegationsliste angesichts des rasanten medizinischen Fortschritts ständig aktualisiert werden.

Kommt es mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz dennoch zu einer solchen Regelung, muss sichergestellt sein, dass die konkrete Ausgestaltung der Regelungen zur Delegation und eines eventuellen Delegationskataloges mit dem ärztlichen Berufsrecht kompatibel sind. Dabei darf nicht übersehen werden, dass das ärztliche Berufsrecht, in dem sich auch das Merkmal der persönlichen Leistungserbringung spiegelt, auch der Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung dient. Ärztliches Berufsrecht ist deshalb auch immer Patientenschutz. In diesem Sinne dient das Berufsrecht dem Verbraucherschutz. Neben den Partnern der Bundesmantelverträge ist deshalb auch die Bundesärztekammer bei der Festlegung delegierbarer Leistungen zwingend gleichberechtigt zu beteiligen.“

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