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70. Bayerischer Ärztetag fordert Abschaffung der Praxisgebühr

München, 15. Oktober 2011

Der 70. Bayerische Ärztetag (BÄT) fasste am ersten Tag der zweitägigen Arbeitssitzung am Samstag in München unter anderem folgende Beschlüsse:

Abschaffung der Praxisgebühr
Der 70. BÄT fordert die Abschaffung der so genannten 10 Euro Praxisgebühr, da diese keinerlei Steuerungsfunktion mehr in der ambulanten Medizin habe. Die Funktion des Hausarztes als Lotse im Gesundheitswesen werde durch das nachträgliche Ausstellen von Überweisungsscheinen umgangen.
„In Zeiten knapper Mittel sei eine Verschwendung von wertvoller Arbeitszeit durch unnötige Bürokratie nicht hinnehmbar“, so der Wortlaut des Beschlusses. Das Inkassoverfahren im Gesundheitswesen sei Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen und nicht der Ärztinnen und Ärzte.

Elektronische Gesundheitskarte
Die bei der elektronischen Gesundheitskarte geplanten Erweiterungen sollten im Interesse der Patienten unter keinen Umständen eingeführt werden. Sowohl der Online-Datenabgleich wie auch die zentrale Speicherung von Krankheitsdaten der Patienten bergen erhebliche Sicherheitsrisiken.

Versorgungsstrukturgesetz und Sozialrecht
Die Übertragung ärztlicher Aufgaben (§ 63 Abs. 3c, V. Sozialgesetzbuch – SGB V) auf andere Gesundheitsberufe wird von den Delegierten weiterhin abgelehnt. Modellvorhaben, die auf Arztersatz und damit auf die Beseitigung der ärztlichen Hoheit über Anamnese, Diagnostik und Therapie sowie den Verlust des Patientenanspruchs auf Facharztstandard hinauslaufen, würden die Patientensicherheit gefährden.
Das bayerische Ärzteparlament appelliert an die Gesundheitspolitiker in Bund und Ländern, bei der Neuregelung der „ambulanten spezialärztlichen Versorgung“ in § 116b SGB V des Entwurfs des Versorgungsstrukturgesetzes einer Vertragslösung innerhalb der Selbstverwaltung den Vorzug vor einer Detailregelung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu geben. Begrüßt wurde eine weitere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, eine dritte Versorgungssäule als ambulante spezialärztliche Versorgung, wie im § 116 b SGB V vorgesehen, werde aber abgelehnt. Gefordert wurde, dass die jeweilige Landesärztekammer als direktes unmittelbares Mitglied im neu zu bildenden gemeinsamen Landesgremium (§ 90a neu SGB V) vorzusehen sei. Dem Beschlussgremium des G-BA sollen zwei von der Bundesärztekammer benannte Mitglieder angehören. Im § 73 SGB V soll die fachärztliche Versorgung definiert werden.
Für die dringend notwendige Überarbeitung der Bedarfsplanung zum Zweck einer patientenorientierten und flächendeckenden Versorgung in Anbetracht der demographischen Entwicklung soll der Gesetzgeber aktuelle Zahlen für die Festlegung der notwendigen Anzahl von Ärztinnen und Ärzten zugrunde legen.

Prävention
Die Delegierten forderten das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) auf, in den Schulen das Fach Gesundheitsunterricht einzuführen. Die Ärzteschaft soll an der Erstellung des Curriculums und an der Ausführung des Unterrichts beteiligt werden. Gesundheit sei das wichtigste Gut der Menschen. Dem müsse auch in der Schule Rechenschaft getragen werden. Die bayerischen Ärztinnen und Ärzte fordern die Delegierten auf, sich aktiv an Präventionsmaßnahmen in der jeweiligen Region zu beteiligen.

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Um die finanzielle Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) sicherzustellen, sei es notwendig, die Finanzierung des MDK von den Krankenkassen abzukoppeln. Der MDK soll deshalb durch eine entsprechende Quote aus dem Gesundheitsfonds finanziert werden.

Kinderrechtskonvention
Der 70. BÄT setzt sich dafür ein, dass nach Abschaffung des Vorbehalts zur Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) alle Kinder die gleichen Chancen auf eine angemessene Grundversorgung und einen Zugang zu Ärzten haben.

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