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Korporatismus – Torso oder Zukunftsmodell?

„Die korporatistische Steuerung unseres Gesundheitssystems wird immer wieder auf den Prüfstand gestellt, was per se nicht schlecht ist. Eine lebendige Selbstverwaltung muss Kritik aushalten und sich immer wieder selbstkritisch hinterfragen“, beginnt Dr. Max Kaplan seinen Leitartikel der Märzausgabe des Bayerischen Ärzteblattes.

Dabei dürfe aber nicht übersehen werden, dass der Gesetzgeber auf Korporatismus gesetzt und einen großen Teil seiner Regelungskompetenz im Gesundheitswesen auf die Selbstverwaltungsorganisationen übertragen habe. Aufgrund ihrer Sachkenntnis, ihrer Nähe zur Praxis und ihrer Bindung zu ihren Mitgliedern lösten die Selbstverwaltungsorganisationen viele diffizile Detailregelungen einfach besser und effizienter als es der Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene könnte. Damit sei eine starke Selbstverwaltung keine Konkurrenz zum Staat. Vielmehr entlaste und ergänze sie ihn. Gäbe es die ärztliche Selbstverwaltung nicht, wäre die Gefahr von regional stark unterschiedlichen Regelungen in Gesundheitsfragen nicht von der Hand zu weisen. „Wir übernehmen Verantwortung – nicht nur für unsere eigenen Belange, sondern auch und gerade für das Gemeinwohl“, so Kaplan.

Ungeachtet dessen würden aber die Wesensmerkmale ärztlicher Freiberuflichkeit und damit auch der ärztlichen Selbstverwaltung durch Kontrollbürokratie und durch staatliche Interventionen zunehmend infrage gestellt. „Seit Jahren beobachten wir, dass die das Gesundheitswesen betreffenden Gesetze und Verordnungen weit davon entfernt sind, Rahmenvorgaben zu sein“, kritisiert Bayerns Ärzte-Chef. Vielmehr regelten sie die gesundheitliche Versorgung bis in kleinste administrative oder neuerdings sogar medizinische Details. Dabei ginge es nicht nur um die unmittelbare staatliche Einflussnahme, sondern auch um mittelbare Interventionen über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).

Kaplan befürchtet, dass die Kompetenzen der ärztlichen Selbstverwaltung immer weiter eingeschränkt würden, bis von der einst lebendigen Selbstverwaltung nur noch ein blutleerer Torso übrigbleibe. „Deshalb müssen wir die gegenwärtige Krise als Chance begreifen“, so der Präsident. Dabei seien alle gefordert: Die Organisationen der Selbstverwaltung müssten gewohnte Strukturen und Abläufe hinterfragen und da, wo es nötig sei, neue Wege gehen. Und die Politik sei aufgefordert, der ärztlichen Selbstverwaltung wieder die Gestaltungsspielräume zu geben, die sie für die Sicherung einer hochwertigen gesundheitlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten benötige.

Mehr zu „Korporatismus – Torso oder Zukunftsmodell?“ lesen Sie in der Ausgabe 3/2017 des Bayerischen Ärzteblattes unter www.bayerisches-aerzteblatt.de.

Pressestelle

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