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Themenübersicht: Ärztemangel, Gesundheitssystem, Aktionsbündnis und mehr .....

ÄRZTEMANGEL: ÄRZTESCHAFT BEGRÜSST REFORMDEBATTE DER KOALITION

Monatelang hat der Streit über die Einführung einer Gesundheitsprämie zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Gesundheitspolitik der Regierungskoalition bestimmt. Doch rechtzeitig vor der auch bundespolitisch bedeutenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) die Reformdiskussion deutlich erweitert. Nachdem er im März Pläne für Einsparungen im Arzneimittelbereich vorgelegt hat – das Kabinett stimmte Ende April entsprechenden Eckpunkten zu – bestimmt der Minister nun mit seinen Vorschlägen für die Bekämpfung des Ärztemangels die Schlagzeilen. So hat Rösler ein ganzes Maßnahmenbündel zur Bekämpfung des Ärztemangels in die Diskussion gebracht. Durch einen erleichterten Zugang zum Medizinstudium soll die Zahl der Studierenden erhöht werden, was allerdings ohne eine entsprechende Finanzaufstockung der Lehre wenig zielführend wäre. Um mehr Ärzte auf das Land zu locken, hat Rösler zudem vorgeschlagen, die Bereitschaft für eine spätere Tätigkeit als Landarzt zu einem Auswahlkriterium bei der Vergabe der Studienplätze zu machen. Der dritte Vorschlag für eine kleinräumig organisierte Bedarfsplanung ging im allgemeinen Medienrummel um die neuen Zulassungsregeln weitgehend unter. Nach dem Willen des Ministers soll sich der Bedarf an niedergelassenen Ärzten in einem Bezirk „nicht mehr zwingend an den Stadt- und Landkreisgrenzen ausrichten“. Auch erwägt das Ministerium, einen „Demographie-Faktor“ in die Bedarfsplanung für Arztsitze gesetzlich festzuschreiben. Ärzten soll zudem erlaubt werden, mehr als zwei Filialen gründen zu können. Ähnliche Konzepte zur Neuorganisation der Bedarfsplanung haben auch Gesundheitspolitiker von CDU und CSU in jeweils eigenen Diskussionspapieren unterbreitet. Die Ideen basieren ebenso wie die Pläne für eine Neuregelung des Zugangs zum Medizinstudium im Wesentlichen auf Vorschlägen aus der Ärzteschaft. Bundesärztekammer-Präsident Prof. Jörg-Dietrich Hoppe sieht Rösler denn auch auf dem richtigen Weg: „Die Rahmen-bedingungen für den Arztberuf müssen endlich so gestaltet werden, dass die angehenden Ärzte in der Betreuung und Behandlung von Patienten wieder ihrer Berufung finden. Umso wichtiger ist es, dass die Politik begonnen hat, über den zukünftigen ärztlichen Versorgungsbedarf und Wege zur Bekämpfung des Ärzte-mangels zu diskutieren.“ Dass Maßnahmen zur Bekämpfung des Ärztemangels dringend notwendig sind, belegt die aktuelle Ärztestatistik der Bundesärztekam-mer. Nach dieser ist die 2009 leicht gestiegene Zahl der Ärztinnen und Ärzte (421.686) in erster Linie auf den Zuwachs an Ärztinnen zurückzuführen. So lag der Anteil der Ärztinnen an den Erstmeldungen bei den Ärztekammern 2009 bei 58,1 Prozent (Vorjahr: 57,9 Prozent). Der Prozess der sogenannten Feminisie-rung der ärztlichen Profession, der das Angebot an Arztstunden in der Patien-tenversorgung weiter reduziert, setzt sich damit fort. Die ohnehin in vielen Regionen angespannte Versorgungssituation verschärfen könnte zudem, dass bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten der Anteil der unter 40-Jährigen weiter gesunken ist, und zwar von 5,1 Prozent im Jahre 2008 auf 4,5 Prozent. Zugleich ist der Anteil der mindestens 60-Jährigen von 19,9 Prozent auf 21,5 Prozent gestiegen. Hoppe begrüßte vor diesem Hintergrund, dass die Politik mit dazu beitragen will, den Arztberuf für Berufseinsteiger wieder attraktiver zu gestalten. Zuletzt hatte die FDP bei ihrem Parteitag Ende April betont, sich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark machen und Bürokratie zurückfahren zu wollen. Auch sollen Ärzte nach dem Willen der Liberalen eine leistungsgerechte Vergütung in einem einfachen und transparenten Rahmen erhalten. Ob und wie dies in konkrete Entscheidungen der Bundesregierung einfließen wird, hängt auch vom Ausgang der NRW-Wahl ab. Behauptet sich die bürgerliche Koalition in Düsseldorf, dürfte sich das Reformtempo der Bundesre-gierung deutlich erhöhen. Verliert Schwarz-Gelb die sichere Mehrheit im Bundes-rat, wird die Koalition auch in der Gesundheitspolitik in vielen Punkten Ein-vernehmen mit der Opposition herstellen müssen. Der Auftritt von Minister Rösler am 11. Mai vor dem 113. Deutschen Ärztetag in Dresden verspricht deshalb in jedem Fall spannend zu werden.

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