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Kabinett beschließt Gesetzentwurf zur GKV-Finanzierung (GKV-FinG)

Berlin, 22.09.2010

Rösler: Gesundheit wird teurer

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes (GKV-FinG) verabschiedet. Der Gesetzentwurf sieht u. a. vor, die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von 14,9 auf 15,5 Prozent anzuheben. Der Arbeitgeberbeitrag wird mit 7,3 Prozent festgeschrieben. Außerdem soll es für Zusatzbeiträge keine Obergrenze mehr geben. Damit niemand überfordert wird, ist ein Sozialausgleich aus Steuermitteln geplant. Neben der Neuregelung der Kassenfinanzierung sieht der Entwurf zur Konsolidierung des Defizits der gesetzlichen Krankenversicherung aber auch Einschnitte unter anderem bei Ärzten und Krankenhäusern vor.

Im vertragsärztlichen Bereich gelten die bisherigen Orientierungs- und Punktwerte bis 2012 fort. Allerdings wird der Honorarzuwachs für Vertragsärzte im Jahr 2011 und 2012 jeweils auf 0,75 Prozent begrenzt. Außerdem haben die Vertragspartner Vereinbarungen über Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung extrabudgetär zu vergütender Leistungen zu treffen. Für diese Vereinbarungen gilt, dass das Ausgabenvolumen dieser Leistungen in den Jahren 2011 und 2012 nicht stärker als die Hälfte der maßgeblichen Grundlohnrate steigen soll. Die Differenzierung der Orientierungs- und Punktwerte bei Vorliegen von Unter- und Überversorgung bis 2012 wird ausgesetzt. Stattdessen werden die früheren Sicherstellungszuschläge wieder eingeführt. Zudem ist Bestandteil des GKV-FinG, dass die Vergütung im Rahmen von Hausarztverträgen nach § 73 b SGB V auf den durchschnittlichen Fallwert der Hausärzte in einer KV-Region zu beschränken ist.

Auch auf den stationären Sektor kommen Einschnitte zu. Für Leistungen, die Krankenhäuser in Budgetsverhandlungen im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich vereinbaren, wird für 2011 ein Abschlag von 30 Prozent festgelegt. Dadurch sollen Einsparungen von rund 350 Millionen Euro generiert werden. Außerdem sollen die Preise für akutstationäre Krankenhausleistungen und die Krankenhausbudgets von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen in den Jahren 2011 und 2012 lediglich maximal in Höhe der halben statt der vollen Grundlohnrate wachsen dürfen. Dadurch sollen in beiden Jahren Einsparungen in Höhe von 450 Millionen Euro erzielt werden.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat die Gesundheitsreform gegen massive Kritik verteidigt. Die geplante Reform führe dazu, dass die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr rund elf Milliarden Euro mehr erhalte, sagte Rösler. Das drohende Defizit in dieser Höhe werde ausgeglichen. Dabei würden mit dem GKV-Änderungsgesetz und dem Arzneimittelneuordnungsgesetz auch der Pharmaindustrie zwei Milliarden Euro genommen, um das Geld den Versicherten zur Verfügung zu stellen. Er räumte aber auch ein, dass die Krankenversicherung in den nächsten Jahren für Versicherte teurer werde. Das sei angesichts des medizinischen Fortschritts unvermeidbar.

„Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur GKV-Finanzierung ermöglicht einen Einstieg in ein neues, zukunftsweisendes Finanzierungssystem. Die Zuwachsbegrenzungen im ambulanten wie im stationären Bereich aber setzen die Kostendämpfungspolitik der letzten Jahre mit der entsprechenden Leistungsdämpfung fort“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe. Auch fehlten wichtige, im Koalitionsvertrag angekündigte Vorhaben. So stehe nach wie vor eine Klarstellung des Gesetzgebers aus, dass Medizinische Versorgungszentren vorrangig in die Hände von Ärzten gehören. Und immer noch stehe auf der Agenda die Überarbeitung des § 116b, SGB V, die notwendige Beschränkung von Klinikambulanzen auf hoch spezialisierte Leistungen. „Angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts bleibt es bei der Zukunftsaufgabe, eine grundlegende Gesundheitsreform mit nachhaltiger Finanzierung auf den Weg zu bringen“, sagte Hoppe.
Die Opposition zeigt sich empört über die Gesetzespläne. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte, damit würden die Lasten einseitig auf die Arbeitnehmer umverteilt. Dies sei eine ziemlich dreiste Klientelpolitik. Die eigentlichen Probleme im Gesundheitswesen würden nicht gelöst. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, damit werde tatsächlich der Krankenversicherung die Solidarität ausgetrieben. Am Ende müssten alle die gleiche Kopfpauschale bezahlen. Die Linke bezeichnete die Reform als Zeitbombe für die solidarische Krankenversicherung.

Über die Reform soll bereits am 1. Oktober im Bundestag beraten werden; sie ist am 4. Oktober Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Parlaments. Der Bundesrat muss nach Regierungsangaben nicht zustimmen.

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