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CDU und CSU legen Positionspapier für Versorgungsgesetz vor

Berlin, 17. Januar 2011

Auch Ärztekammern sollen in regionalen Steuerungsgremien an Versorgungsplanung beteiligt werden

Das von Union und FDP für dieses Jahr angekündigte sogenannte Versorgungsgesetz wird offenbar sehr viel umfangreicher ausfallen als bisher angenommen. Dies legt ein gesundheitspolitisches Positionspapier der Unions-Bundestagsfraktion nahe, das als Grundlage für die für Ostern angekündigten Eckpunkte zum Versorgungsgesetz dienen soll. Der Katalog wird auf einer Koalitionstagung der Gesundheitspolitiker an diesem Montag beraten.

Kern des Versorgungsgesetzes ist die Neuregelung der ärztlichen Bedarfsplanung. Dadurch sollen Versorgungslücken in strukturschwachen Regionen geschlossen werden. Die Regelungsbreite des Gesetzes soll nach dem Willen der Unionsfraktion jedoch weiter gefasst werden. In ihrem Papier machen CDU und CSU insgesamt 14 Vorschläge „für eine Reform der medizinischen Versorgung in Deutschland“, unter anderem zu den vertragsärztlichen Honoraren, der Neuregelung von Medizinischen Versorgungszentren und zur weiteren Ausgestaltung des Paragraphen 116b SGB V (ambulante Behandlung in Krankenhäusern).

Die Fraktion greift in ihrem Papier vorangegangene Vorschläge auf, zur Steuerung des Bedarfs medizinischer Angebote sektorübergreifende regionale Versorgungsausschüsse auf Landesebene zu gründen. Ausdrücklich sollen diesen Ausschüssen auch die Ärztekammern angehören. Weitere Verhandlungspartner sind die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landeskrankenhausgesellschaft, Krankenkassen und das für die gesundheitliche Versorgung zuständige Landesministerium. „Darüber hinaus nehmen Patientenvertreter und Vertreter der von der jeweiligen Planung betroffenen Kommune beratend an den Sitzungen teil“, heißt es in dem Papier.

Der Versorgungsausschuss soll unter anderem die Möglichkeit erhalten, Planungsbezirke, bei Bedarf auch nur bezogen auf einzelne Arztgruppen, kleinräumiger und flexibler zu gestalten. Bei der Versorgungsplanung soll unterschieden werden können, zwischen primärärztlicher Versorgung mit Haus-, Kinder- und Frauenärzten, der allgemeinen fachärztlichen Versorgung und der spezialisierten fachärztlichen Versorgung. „Dabei ist zu prüfen, ob statt der reinen Planung nach Köpfen auch eine Planung unter Berücksichtigung der tatsächlichen ärztlichen Zeitkapazität umsetzbar ist“, so die Union.

Zudem soll das Potential des ambulanten Angebots der Krankenhäuser in einer unterversorgten Region berücksichtigt werden. Nach Ansicht der Unionsfraktion liege darin eine „große Chance zur Lösung von Konflikten, etwa bei der Umsetzung des § 116b SGB V“. Dabei sollen in unterversorgten Gebieten Institutsermächtigungen gegenüber Einzelermächtigungen bevorzugt werden.

Um auch finanzielle Anreize für die Niederlassung in unterversorgten Gebieten setzen zu können, soll der Ausschuss die Möglichkeit erhalten, über einen neu einzurichtenden Strukturfonds, in dem ein Prozent der Gesamtvergütung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung einfließen könnte, gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Genannt werden beispielhaft Investitionskostenzuschüsse und Vergütungszuschläge.

Die Unionsabgeordneten schlagen zudem vor, die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Aufkauf von Praxen auszubauen. „Dabei ist zu regeln, dass im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V auf eine Nachbesetzung in überversorgten Gebieten verzichtet werden kann. Die bisherige Praxis, bei der das Recht zur Abrechnung mit den Krankenkassen in Deutschland quasi vererbt und verkauft werden kann, ist zu beenden.“ Außerdem sollen zeitlich befristete Zulassungen in Ergänzung der lebenslangen Zulassung unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes möglich sein.

In einem weiteren Vorschlag regt die Unionsfraktion Neuregelungen für den Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren an. Es müsse verhindert werden, dass solche Strukturen durch Kapitalbeteiligungen und Renditestreben Vorrang vor freiberuflicher Therapiefreiheit erlangen könnten, heißt es. Die Union fordert, dass die Leitung in der medizinischen Versorgung eines MVZ rechtlich wie praktisch in ärztlicher Hand liegt und die sich aus dem Berufsrecht ergebende Therapie- und Weisungsfreiheit gewährleistet ist. Die Rechtsform von MVZ soll auf Personengesellschaften und GmbHs beschränkt werden. „Vertragsärzte müssen den MVZ in ihren Möglichkeiten gleichgestellt sein, insbesondere im Berufs- und Vertragsrecht. Dies gilt auch umgekehrt. Nur so gibt es ´gleich lange Spieße`“, heißt es in dem Papier.

Um die Ausübung des Arztberufes auch in strukturschwachen Regionen attraktiver zu gestalten, soll unter anderem die Mengensteuerung in diesen Gebieten entfallen. Erbrachte Leistungen würden so immer zum vollen Preis erstattet. Auch sollen Richtgrößenprüfungen für Heil- und Arzneimittel in der heutigen Form abgeschafft und durch andere, geeignetere Instrumente ersetzt werden.

Zur weiteren Nachwuchsförderung schlagen CDU und CSU vor, die Zahl der Studienplätze für Medizin zu erhöhen. Beim Zulassungsverfahren für das Medizinstudium sollten neben der Abiturnote auch Berufs- und Ausbildungserfahrung in anderen medizinischen Berufen eine größere Rolle spielen. Auch wird der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) aufgegriffen, eine sogenannte Landarztquote einzuführen. So wird gefordert, eine Vorabquote von fünf Prozent für Studenten einzuführen, die sich bereit erklären, nach dem Studium für fünf Jahre für die ambulante und stationäre Versorgung in unterversorgten Gebieten zur Verfügung zu stehen. Auch soll die Finanzierung der Weiterbildung so organisiert werden, dass es für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte einen Anreiz gibt, sich in der Weiterbildung zu engagieren.

In einem weiteren Kapitel fordert die Union Nachbesserungen bei der Honorarreform. Die Regelleistungsvolumina (RLV) sollen so ausgestaltet werden, dass die medizinische Grundversorgung in der Facharztgruppe ausreichend finanziert ist. Die RLV sollen auch nicht durch extrabudgetäre Leistungsabrechnungen gemindert werden. Die Union fordert zudem, dass der Zwang zur Pauschalierung der Vergütung aufgehoben wird.

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