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Landessozialgericht kippt G-BA-Mindestmengenbeschluss

Jonitz: Position der Bundesärztekammer klar bestätigt


Berlin, 18.08.2011

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat gestern den seit 2005 bestehenden Mindestmengenbeschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für Knie-
Totalendoprothesen (Knie-TEP) gekippt. „Das Gericht hat mit diesem Grundsatzurteil eindrücklich die Position der Bundesärztekammer bestätigt, nach der die wissenschaftlich nicht hinreichend belegbaren Mindestmengen für Operationen in Krankenhäusern nicht als Instrument zur Qualitätssicherung
geeignet sind. Das Urteil ist gleichermaßen ein klares Signal an den G-BA wie an den Gesetzgeber, sich endlich von den bestehenden Mindestmengenregelungen zu verabschieden“, sagte der Vorsitzende der Qualitätssicherungsgremien der Bundesärztekammer, Dr. Günther Jonitz, in einer ersten Reaktion
auf das Urteil.
Jonitz forderte den G-BA auf, seine weiteren Mindestmengenbeschlüsse zu revidieren, da diese aufgrund der ebenfalls mangelhaften wissenschaftlichen Grundlagen ebenfalls nicht haltbar seien. „Gleichzeitig ist der Gesetzgeber jetzt gefordert, den in §137 des Sozialgesetzbuches V verlangten Mindestmengenkatalog zu streichen“, erklärte Jonitz. Er plädierte an den G-BA, stattdessen die Qualitätsdarlegung an den Kliniken
auszubauen. „Statt starre Grenzwerte zu schaffen, sollten diejenigen Kliniken an der Versorgung teilnehmen dürfen, die nachweislich gute Behandlungsqualität abliefern.“

Gegen den G-BA-Beschluss hatte eine Brandenburger Klinik geklagt, die die geforderte Mindestmenge von 50 Fällen pro Jahr und Klinik teilweise unterschritten hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landessozialgericht hat die Revision vor dem Bundessozialgericht zugelassen.

Die Richter des Landessozialgerichts konnten in dem ihnen unter anderem vorliegenden Gutachten des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zu Knie-TEP aus dem Jahr 2005 keinen „besonderen“ Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Behandlungsqualität erkennen. Für diesen
Zusammenhang wurden belastbare Nachweise gefordert.
In dem Gutachten wurden die Qualitätsindikatoren „Postoperative Beweglichkeit“ und „Wundinfektion“ betrachtet. Der zunächst schwach erkennbare Zusammenhang beim primären Indikator „Beweglichkeit“ drehe sich bei höheren Fallzahlen wieder um, so dass Kliniken mit sehr großen Fallzahlen eine ähnlich schlechte Behandlungsqualität lieferten wie Kliniken mit sehr geringen, die von der Versorgung ausgeschlossen sind. Dies werteten die Richter als Ungleichbehandlung. Beim sekundären Indikator
„Wundinfektion“ ist dem Gericht zufolge zwar eine gewisse statistische Beziehung feststellbar, doch die messbare Risikoreduktion sei so gering, dass von keinem besonderen Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität die Rede sein könne. Gleichzeitig wiesen die Richter darauf hin, dass der
G-BA die Ergebnisse des IQWiG zu berücksichtigen habe und nur begründet von diesen abweichen dürfe. Kritik wurde auch an der Verfahrensweise geübt. So hatte der G-BA das Gutachten beim
IQWiG Ende 2004 in Auftrag gegeben, den Mindestmengenbeschluss aber vor Vorlage des Gutachtens
gefasst.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte das LSG die Erhöhung des G-BA von 14 auf 30 Fälle pro Jahr und Klinik bei der Versorgung von Frühgeborenen vorerst gestoppt.

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