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Vorsicht bei der Verordnung von fiktiv zugelassenen Arzneimitteln

„Probleme mit Nachzulassungsverfahren dürfen nicht auf Ärzte abgewälzt werden“

München, 23.02.2012

Gesetzliche Krankenkassen sind laut eines Urteils des Bundessozialgerichts
(BSG) aus dem Jahr 2005 nicht dazu verpflichtet, die Kosten für Verordnungen
von fiktiv zugelassenen Arzneimitteln zu übernehmen. Einige Krankenkassen stellen aufgrund
dieser Entscheidung des BSG seit kurzem entsprechende Rückforderungsanträge und versuchen
so, die Verordnungskosten von den verordnenden Ärzten zurückzubekommen. Dabei
handelt es sich um Arzneimittel, die bereits vor 1978 auf dem Markt waren und für die wegen
neuer gesetzlicher Bestimmungen ein Nachzulassungsverfahren nötig wurde, welches aufgrund
laufender Klageverfahren bis heute noch nicht endgültig abgeschlossen ist.

Dazu sagten Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), und Dr.
Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB),
heute in einer gemeinsamen Stellungnahme: „Dieses Vorgehen seitens einiger Krankenkassen
ist – wenn auch juristisch kaum anfechtbar – im Sinne einer guten Versorgung unserer Patienten
absolut kontraproduktiv und zudem im Verhältnis von Ärzteschaft und Krankenkassen wenig
partnerschaftlich. Die Probleme mit Nachzulassungsverfahren von gängigen Medikamenten
dürfen jetzt nicht auf uns Ärzte abgewälzt werden. Hier sollen Ärzte für Verordnungen von Arzneimitteln
in Regress genommen werden, die sich zum Teil über Jahrzehnte hinweg im medizinischen
Alltag bewährt haben und mitunter auch in Leitlinien der Fachgesellschaften zu finden
sind. Die Rückforderungsanträge für Verordnungen von fiktiv zugelassenen Arzneimitteln haben
primär nichts mit der Überprüfung der wirtschaftlichen Verordnungsweise der Ärzte zu tun,
sondern sie sind lediglich der Versuch, bei uns Ärzten Gelder einzutreiben, wo es nur geht.
Bereits heute ist die Angst vor Regressen für Mediziner einer der Hauptgründe, sich nicht in
eigener Praxis niederzulassen. Mit solchen Aktionen wird der Nachwuchsmangel in der ambulanten
Versorgung weiter verschärft.“ Kaplan und Krombholz forderten in diesem Zusammenhang
Rechtssicherheit für die verordnenden Ärztinnen und Ärzte.

Im Gespräch mit Vertretern bayerischer Krankenkassen habe die KVB immerhin eine „Friedenspflicht“
bis zum zweiten Quartal 2012 vereinbaren können, erklärte Krombholz. Das bedeute,
dass zumindest für frühere Quartale keine größeren Rückforderungsaktionen zu erwarten
seien. Jedoch sei nicht auszuschließen, dass einige Krankenkassen trotzdem auch rückwirkend
Rückforderungsanträge gegen bayerische Ärzte stellten. „Spätestens ab dem zweiten
Quartal 2012 müssen die niedergelassenen Ärzte dann bei ihren Verordnungen besonders
darauf achten, ob darunter fiktiv zugelassene Arzneimittel sind, und gegebenenfalls auf eine
entsprechende Verordnung verzichten, bis eine rechtskräftige Zulassung des Medikaments
erfolgt ist“, so Krombholz. „Selbstverständlich wird die KVB die Kolleginnen und Kollegen in
den Praxen zu diesem Thema umfassend beraten. Informationen gibt es sowohl auf der Internetseite
der KVB unter www.kvb.de als auch telefonisch am „Service-Telefon Verordnung“ der
KVB.“

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