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Experten diskutieren neue Konzepte für Patientenverfügungen

38. Interdisziplinäres Forum „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ der Bundesärztekammer in Berlin

Berlin, 10.01.2014

Auf die besondere Bedeutung von Patientenverfügungen in der Versorgung von schwerkranken und sterbenden Patienten hat Prof. Dr. Friedemann Nauck, Direktor der Klinik für Palliativmedizin in Göttingen, hingewiesen. Auf dem 38. Interdisziplinären Forum „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ der Bundesärzte-kammer in Berlin sagte er, „die gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung greifen ohne Frage das große Bedürfnis in unserer Gesellschaft auf, für Patienten so viel Selbstbestimmung wie möglich auch für den Fall abzusichern, dass sie sich selbst nicht mehr zu ihrer medizinischen Versorgung und Betreuung äußern können.“
Jedoch bestünden nach wie vor viele Unsicherheiten. Nauck verwies auf Advance Care Planning (ACP = umfassende gesundheitliche Vorausplanung) als ein neues Konzept, dass an die Stelle der traditionellen Patientenverfügung treten könne. Mit dem Konzept soll der Patient lernen, in einem professionell begleiteten Gesprächsprozess, eigene Wünsche zu entwickeln und eine aussagekräftige Patientenverfügung zu erstellen. Außerdem werden die Adressaten im Lesen und in der Deutung von Vorausverfügungen geschult. „Durch Kommunikation bei fortschreitender Erkrankung oder auch durch vorab formulierte Vereinbarungen zur Behandlungsbegrenzung kann es gelingen, die Behandlung nicht-einwilligungsfähiger Menschen auch gemäß ihren früher festgelegten Wünsche zu gestalten“, so Nauck.

Einem besonders sensiblen Thema widmete sich Prof. Dr. med. Boris Zernikow, Chefarzt der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln der Universität Witten/Herdecke. Er erläuterte die Besonderheiten im Umgang mit schwerkranken und sterbenden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In dieser Patientengruppe habe die Prävalenz lebensbedrohlicher Erkrankungen in den letzten zehn Jahren um mehr als 30 Prozent zugenommen. Von 10.000 Kindern und Jugendlichen bis zum 19. Lebensjahr seien 32 von einer solchen Erkrankung betroffen. In Deutschland hätten viele sterbenskranke Kinder einen Migrationshintergrund. Die Patienten litten oft an zum Teil sehr seltenen Krankheitsbildern, die vorrangig mit neurologischen Symptomen und Lungenerkrankungen einhergehen. Bei der Versorgung bedürften Eltern, wie auch Geschwister einer professionellen Unterstützung.

In der Versorgung von sterbenskranken Patienten wirke sich die spirituelle Betreuung positiv aus, sagte Prof. Dr. Traugott Roser. Professor für praktische Theologie an der Universität Münster. Sie werde dabei nicht nur von Seelsorgern, sondern auch von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen erwartet und geleistet. Allerdings zeigten Studien, dass es Unsicherheiten bei der Umsetzung in der stationären und ambulanten Versorgung gebe. „Dahinter stecken oft Unklarheiten definitorischer Art. Oft stellt sich die Frage, was ist Spiritualität in einer säkularen Gesellschaft.“, so Roser.

In weiteren Vorträgen referierten Prof. Dr. Dr. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, über die Herausforderung für die Medizin im letzten Lebensjahr sowie Gerda Graf, Geschäftsführerin, der Wohnanlage Sophienhof in Niederzier, über den Wandel in der Betreuung und Pflege von schwerkranken und alten Menschen.

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