Skip to main content

Was Sucht für die Familie bedeutet

Kooperationspartner des Suchtforums fordern ein Behandlungskonzept unter Einbeziehung der gesamten Familie sowie verstärkte Suchtprävention

München, 2. April 2014

Suchtbelastete Familien entwickeln oft ein gestörtes, schädigendes Verhalten und ein chronisch erhöhtes Stressniveau. Weil ihre Eltern mit sich selbst und ihrer Sucht beschäftigt sind, erleben die Kinder häufig widrige Kindheits-erfahrungen wie emotionale und körperliche Vernachlässigung, Unberechenbarkeit, Unzuverlässigkeit und Gewalt bis hin zum sexuellen Missbrauch. Die Kooperationspartner des Suchtforums warnen davor, bei einer Suchterkrankung nur die Betroffenen für sich alleine zu betrachten. „Suchthilfe, Psychotherapie, Primärmedizin und Jugendhilfe müssen besser miteinander vernetzt werden“, so die gemeinsame Erklärung der Vertreter der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS) und der drei Heilberufekammern. „Familienbezogene Perspektiven und Interventionen müssen im Vordergrund stehen. Die einseitige Fixierung auf individuumsorientierte Behandlungskonzepte ist durch interaktionale Ansätze, die sich dem ganzen Familiensystem zuwenden, zu ersetzen.“

Melanie Huml, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege: "Die Suchterkrankung eines Menschen belastet seine ganze Familie. Deshalb ist es wichtig, auch bei der Therapie die Familie einzubeziehen. Die Bayerische Staatsregierung stellt insgesamt rund sieben Millionen Euro jährlich für Suchtvor-beugung und Suchthilfe zur Verfügung. Aber auch der Bund ist hier gefordert. In der Diskussion um das geplante Präventions-gesetz müssen gerade auch Kinder und Angehörige aus Suchtfamilien mit in den Blick genommen werden." In Bayern sind Schätzungen zufolge rund 270.000 Menschen von Alkohol und sogar 350.000 von Medikamenten abhängig. Bei illegalen Drogen beträgt die Zahl rund 48.000. Ferner sind im Freistaat rund 840.000 Menschen nikotinsüchtig.
Vor dem Hintergrund der Befunde aus der Suchtforschung fordert Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter, 2. Vorsitzender der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis (BAS), ein stärkeres Fokussieren auf die Familie und die Problematik der Angehörigen. Es sei unerlässlich, die Interventionen systemisch auszuweiten. „Das bedeutet, dass bei der Diagnose die Familienstrukturanalyse wichtig ist, im therapeutischen Bereich die Familie konkret einbezogen werden muss und sich darüber hinaus auch in der Prävention der Blick auf die Familie als System richten muss“, betont Tretter. Diese Einzelthemen müssten in einem vernetzten Bedingungsgefüge
der Sucht gesehen werden. Notwendig sei ein integratives Konzept der Suchthilfe, das die Sucht im Kontext der Familie betrachte.

Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapotheker-kammer (BLAK), stellt die Bedeutung der Apotheker bei der Behandlung von süchtigen Familienmitgliedern heraus: „Für eine Familie, in der ein Mitglied trinkt, drogenabhängig oder medikamentensüchtig ist, bedeutet das immer eine starke psychische Belastung. Wir Apotheker können ganz entscheidend dazu beitragen die Suchterkrankungen Einzelner zu erkennen und zu bekämpfen: Denn die Patienten kommen nicht nur mit ihren Selbstmedikationswünschen oder ihrem Rezept in die Apotheke, sondern sie tragen auch ihre Sorgen und Nöte dorthin.“

„Suchtkranke sind eine ganz besondere Herausforderung und Belastung für eine Familie und insbesondere für Kinder“, erklärt Dr. Heidemarie Lux, Vizepräsidentin der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK). Dabei treffe es Kinder von süchtigen Eltern genauso wie Eltern von süchtigen Kindern. „Besonders Kinder von süchtigen Eltern sind mit der Situation häufig völlig überfordert“, betont Lux. „Sie fühlen sich alleingelassen, sind verwirrt und können zudem noch Schuldgefühle entwickeln. Wenn diese Kinder keine Hilfe erhalten, könne dies zu chronisch emotionalem Stress und zu diversen gesundheitlichen Problemen führen. Das 13. Suchtforum greift dieses Thema zur rechten Zeit auf.“

Dr. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PTK Bayern), ordnet dem flächendeckenden Ausbau von niedrigschwelligen, suchttherapeutischen bzw. psychotherapeutischen Behandlungsangeboten weiterhin hohe Priorität zu. Noch wichtiger sei Prävention. „Die meisten Behandlungsprogramme
im Suchtbereich sind noch individualistisch ausgeprägt. Die Bedeutung familiärer und anderer Kontextbedingungen wird ausgeblendet“, kritisiert Vogel. „Dies liegt auch an Fragen der Kostenregelung, denn die Leistungsträger, also vor allem Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, finanzieren die Behandlung von einzelnen Betroffenen. Dass dazu die Einbeziehung des engeren sozialen Umfeldes und der Familie gehört, liegt den Trägern oft fern.“
Gemeinsam mit der BAS veranstalten die BLÄK, BLAK und die PTK Bayern am 2. April 2014 im Kardinal Wendel Haus, München, das 13. Suchtforum mit dem Titel „Familie und Sucht – Schicksal Familie oder Familien-Schicksal?“. Rund 400 Ärzte, Apotheker, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Mitarbeiter von Suchthilfe-einrichtungen, Erziehungsberatungsstellen, Lehrer sowie mit dem Thema „Familie und Sucht“ befasste Berufsgruppen nehmen daran teil.
Betroffene können sich in allen Fragen der Prävention von Suchterkrankungen und deren Behandlung als erste Anlaufstelle und Vermittler direkt an die vier Kooperations-partner des 13. Suchtforums wenden.

Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS)
BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Landwehrstraße 60-62, 80336 München
Telefon 089 530730-0, Fax 089 530730-19
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Internet: www.bas-muenchen.de

Die BAS beschäftigt sich als Transferinstitut zwischen Forschung und Praxis mit wissenschaftlichen und praxisbezogenen Fragestellungen der Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen. Sie wurde im Herbst 1997 mit dem Zweck gegründet, die Verbesserung des öffentlichen Gesundheits-wesens im Suchtbereich gezielt zu fördern. Zum Themenkreis der BAS gehören körperliche und psychosoziale Störungen beziehungsweise Krankheiten im Zusammenhang mit Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen und psychoaktiv wirkenden Medikamenten. Darüber hinaus befasst sie sich auch mit den sog. nichtsubstanzgebundenen bzw. Verhaltenssuchten wie den pathologischen Glücksspielen. Auch weitere mit Abhängigkeitsstörungen assoziierte Gesundheitsthemen wie z. B. Angststörungen, Depressionen oder Essstörungen werden behandelt. Ein zentrales Ziel der BAS besteht in der Förderung des Transfers zwischen Wissenschaft und Praxis. Neben der jährlichen Vortragsreihe organisiert sie regelmäßig Fortbildungs-veranstaltungen und Tagungen. Die BAS besteht aus den beiden Rechtsträgern der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e. V.

Bayerische Landesapothekerkammer − Körperschaft des öffentlichen Rechts (BLAK)
Maria-Theresia-Straße 28, 81675 München
Marion Resch, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon 089 926287, Fax 089 926260
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Internet: www.blak.de
Die Bayerische Landesapothekerkammer ist die Berufsvertretung der bayerischen Apothekerinnen und Apotheker. Sie ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. Die Apothekerkammer wacht über die Erfüllung der Berufspflichten durch die Apothekerinnen und Apotheker und vertritt die beruflichen Interessen der Apothekerschaft gegenüber Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus bietet sie ihren knapp 13.000 Mitgliedern eine Vielzahl an unterstützenden Dienstleistungen und Services, wie zum Beispiel ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungen oder ein apotheken-spezifisches Qualitätsmanagementsystem. Die Apothekerkammer gewährleistet durch ihre Mitglieder eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und trägt damit aktiv zum Patienten- und Verbraucherschutz bei.

Bayerische Landesärztekammer − Körperschaft des öffentlichen Rechts (BLÄK)
Mühlbaurstraße 16, 81677 München
Pressestelle: Dagmar Nedbal M. A., Telefon 089 4147-268, Fax 089 4147-202
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Internet: www.blaek.de
Die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) wurde 1946 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildet. Sie ist zusammen mit 63 Kreisverbänden und acht Bezirksverbänden die gesetzliche Berufsvertretung aller bayerischen Ärzte. Zu den Aufgaben der BLÄK gehören unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte, die Förderung der ärztlichen Fortbildung sowie die Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten. Die BLÄK engagiert sich derzeit für über 77.000 Ärztinnen und Ärzte. Alle zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte, die im Freistaat ärztlich tätig sind oder dort ihren Hauptwohnsitz haben, sind Pflichtmitglieder der BLÄK.

Bayerische Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PTK Bayern)
− Körperschaft des öffentlichen Rechts
Birketweg 30, 80639 München

Pressestelle: Johannes Schuster M. A., Telefon 089 515555-241, Fax 089 515555-25
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Internet: www.ptk-bayern.de
Die PTK Bayern ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Berufsvertretung der über 6.100 Psychologischen Psychotherapeut/innen und der Kinder- und Jugendli-chen-psychotherapeut/innen in Bayern. Nach dem Heilberufe-Kammergesetz (HKaG) gehört es zu den wesentlichen Aufgaben der Heilberufekammer, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder wahrzunehmen, die Erfüllung der psychotherapeutischen Berufs-pflichten zu überwachen, die psychotherapeutische Fortbildung zu fördern und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken.

Gesamter Artikel als PDF