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Aufklärung statt Panikmache

Berlin, 10.01.2011

Statement des Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, zu den Äußerungen des EU-Gesundheitskommissars John Dalli über fehlerhafte Klinikbehandlungen:

„Aufklärung statt Panikmache sollte der politische Grundsatz eines EU-Gesundheitskommissars sein. Doch das, was John Dalli jetzt zu Klinikbehandlungen und Krankenhaushygiene von sich gegeben hat, ist alles andere als eine sachliche Analyse. Mit seinen undifferenzierten Behauptungen erreicht er nur eines, große Verunsicherung der Patienten. In Deutschland ist es nicht nur fester Wille der Ärztinnen und Ärzte, aus Fehlern zu lernen, wir haben längst entsprechende Strukturen aufgebaut. Als einzige Stelle in Deutschland führen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern ein umfassendes Register, in dem alle Anträge anonymisiert in ein bundeseinheitliches Statistikprogramm eingehen. Das sogenannte Medical Error Reporting System gibt unter anderem Aufschluss darüber, bei welchen Diagnosen und Therapiemaßnahmen Behandlungsfehler vermutet wurden und welche Fachgebiete betroffen sind. Ziel der Statistik ist es, Fehlerhäufigkeiten zu erkennen und Fehlerursachen auszuwerten, um sie für die Fortbildung und Qualitätssicherung zu nutzen.

Die vom Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, angemahnte neue Fehlerkultur in der Medizin, die er mit Hilfe eines Patientenrechtegesetzes umsetzen will, ist also schon längst gelebte Realität. Statt gefällige Forderungen nach einem Melderegister oder einem Entschädigungsfonds zu erheben, wäre es sinnvoller dazu beizutragen, die eigentlichen Ursachen für Mängel in der Patientenversorgung zu bekämpfen. Es ist widersprüchlich, wenn die Politik einerseits eine fachgerechte Behandlung nach wissenschaftlich anerkanntem Qualitätsstandard festschreiben will, andererseits aber die dafür notwendigen Finanzmittel immer weiter begrenzt. Die forcierte Wettbewerbsorientierung mit Risikoauslese, der Abbau der flächendeckenden Versorgung und ökonomisch geprägte Therapievorhaben gefährden den Anspruch der Patienten auf eine wissenschaftlich gesicherte und anerkannte ärztliche Behandlung immens.

Eine differenzierte Analyse ist auch bei der von Dalli angesprochenen Problematik der Krankenhaushygiene notwendig. Unbestritten ist, dass die Gefahr einer Infektion mit Bakterien in Krankenhäusern und Altenheimen steigt. Dies liegt jedoch nicht nur daran, dass der Einsatz von Antibiotika mehr Bakterien resistent werden lässt. Ein weiterer Grund ist, dass bei einer - aus finanziellen Gründen - ausgedünnten Personaldecke in den Kliniken immer mehr Risikopatienten behandelt werden, die anfälliger für eine Krankenhausinfektion sind.
Nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 23) erstellt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut, in der neben dem Bundesgesundheitsministerium auch die obersten Landesgesundheitsbehörden vertreten sind, Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen sowie zu betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Maßnahmen der Hygiene in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen. Damit verfügen wir grundsätzlich über wirksame Instrumente für einen guten Infektionsschutz in Deutschland. Wir müssen von diesen Instrumenten aber auch Gebrauch machen. Insbesondere die Bundesländer sind gefordert, nicht nur die Vorgaben in entsprechendes Landesrecht umzusetzen, sondern vor allem die nötigen finanziellen Mittel für zusätzliches Hygienepersonal zur Verfügung zu stellen.“

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