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Selbstbestimmung und Patientenrechte

München / Weiden, 24. Oktober 2014

„Der mündige, autonome und informierte Patient ist uns Ärztinnen und Ärzten ein zentrales Anliegen“, erklärt Dr. Wolfgang Rechl, Vizepräsident der Bayerischen Landesärzte-kammer (BLÄK) vor dem 73. Bayerischen Ärztetag in Weiden. „Die Selbstbestimmung des Patienten gewinnt an Bedeutung und trägt maßgeblich zu einem besseren Behandlungsergebnis bei.“ So sei Selbstmanagement eine wichtige Grundlage für das so genannte „Patient-Empowerment“ (Befähigung/Stärkung des Patienten) und trage dazu bei, dass der Patient Ärztinnen und Ärzten auf Augenhöhe begegne.
Klar sei jedoch, dass die Wissensasymmetrie zwischen Arzt und Patient nie ganz aufgehoben werden könne.
In seinem Urteil vom 23.September 2014 VI ZR 358/13 stärkte auch der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte der Patienten in der Internetnutzung.
Ärzte können sich nicht aus Internetportalen streichen lassen. Der BHG erklärte, dass Bewertungsportale dem „öffentlichen Interesse“ am Austausch im Internet entsprächen. „Wir begrüßen dies ausdrücklich, sehen dieses Urteil jedoch nicht unkritisch und erwarten einen sensiblen Umgang seitens der Patienten mit Informationen aus dem Internet“, betont der BLÄK-Vize. Die BLÄK behalte sich auch rechtliche Schritte vor, sollten die Portalbetreiber die Vereinbarungen zur bezahlten Werbung nicht berücksichtigen.
Auch die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen bei der BLÄK stärkt seit fast 40 Jahren die Patientenrechte und stellt sicher, dass Patientinnen und Patienten bei einem vermuteten Schadensfall nicht allein gelassen werden. Die Gutachterstelle ist eine bewährte Einrichtung, an die sich Patienten mit dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler wenden können. „Der Trend geht hin zu immer komplexeren Behandlungsabläufen, die Ursache von Komplikationen festzustellen“, sagt Rechl. Trotzdem betrage die Verfahrensdauer bei gestellten Anträgen unverändert 74 Wochen.
Wie im vergangenen Berichtszeitraum wurde in 29 % der von der Gutachterstelle abschließend beurteilten medizinischen Behandlungen ein Fehler festgestellt. Zugleich konnte die Gutachterstelle in über zwei Dritteln der Fälle die beschuldigten Ärzte von dem Vorwurf entlasten, ihre Patienten fehlerhaft behandelt zu haben. Die bayerische Behandlungsfehlerquote liegt damit im Bundesdurchschnitt.

Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)
„Wir arbeiten intensiv daran, die Verhandlungen über eine neue GOÄ entscheidend voran zu bringen. Die Erwartungen sind groß“, erklärt Rechl. In erster Linie gehe es bei der Reform der GOÄ um die Aktualisierung des ärztlichen Leistungsspektrums. Dieses habe sich seit 1995 enorm verändert. Längst überfällig sei ein Inflationsausgleich sowie die Berücksichtigung von Innovationen. Auch benötige man endlich Rechtssicherheit. „Eine EBM-isierung wollen wir in jedem Fall vermeiden“, betont Rechl und stellt sich damit hinter die Interessen der Ärzteschaft. Zugleich warnt er vor zu engen Budgetierungen und Honorarminderungen, die letztlich zu Finan-zierungslücken führten. Auch solle an der Freiberuflichkeit des Arztes fest-gehalten und die alte GOÄ endlich modernisiert werden. Laut Bundesärztekammer (BÄK) seien die Verhandlungen bereits weit gediehen. Bis Anfang nächsten Jahres soll eine zwischen BÄK und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgestimmte, gremienreife Entwurfsfassung der neuen GOÄ vorliegen.

Korruption
„Korruption hat im Gesundheitswesen nichts verloren“, sagt Rechl. Mit der Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwalt-schaften zum 1. Oktober 2014 ist Bayern schneller als die Koalition in Berlin. Aus der Hauptstadt heißt es, Justizminister Heiko Maas wolle bis Dezember einen Referentenentwurf für eine Änderung des Strafgesetzbuches vorlegen. Das neue Gesetz soll für die ganze Branche gelten und Bestechung und Bestechlichkeit unter Strafe stellen. Ein „Lex Ärzte“ soll es nicht geben, hatte Maas Anfang September nach einem Fachforum im Justizministerium betont. Auch solle die Zusammenarbeit von Angehörigen der Heilberufe und Pharmaunternehmen nicht unter Strafe stehen. Vielmehr ginge es darum, Fehlverhalten im Gesundheitswesen, unlautere Absprachen oder unzulässige Kooperationen kritisch zu prüfen. „Wir begrüßen diesen Vorstoß. Jedoch fordern wir, dass ein neu zu schaffender Korruptionsstrafbestand dann für alle Angehörigen der Heilkunde-Berufe gilt“, betont der BLÄK-Vize.

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